05. Juni 2024
Projektbericht: Organisationsentwicklung im Krankenhaus
Aufgabe
Sinkende Mitarbeitermotivation, resultierende Personalnot und unzufriedene Patienten sind existenzgefährdende Faktoren für Kliniken aller Fachdisziplinen. Im Kontext des betrieblichen Gesundheitsmanagements ist interdisziplinäre Organisationsentwicklung im Krankenhaus ist das Mittel der Wahl zur Verhältnisprävention, welche durch Krankenkassen gefördert wird.
Das Krankenhaus unseres Projektbeispiels steht in der Grund- und Regelversorgung mit 245 Betten, 60 Ärzten und mehreren hundert Pflegekräften. Es hält folgende Fachabteilungen vor: Allgemein- und Viszeralchirurgie, Unfallchirurgie und Orthopädie, Gefäßchirurgie, Neurochirurgie, Anästhesiologie, Interdisziplinäre Intensivmedizin, Geburtshilfe, Gynäkologie, Geriatrie, Neurologie, Gastroenterologie, Kardiologie, HNO und eine interdisziplinäre Notaufnahme
Nach einer personellen Neuaufstellung sowie dem Ausbau eines 24/7-Linkskathetermessplatzes sollte die Fachabteilung Kardiologie organisatorisch optimiert werden. Hierbei standen die Verbesserung der Zusammenarbeit von medizinischem und ärztlichem Personal im Vordergrund. Optimiert wurden auch Schnittstellen zwischen Station, Linksherzkathetermessplatz, kardiologischer Funktionsdiagnostik und kardiologischer Ambulanz.
Das Projekt wurde auf Basis der Regelungen des § 20 SGB V von der TECHNIKER Krankenkasse als Projekt zur gesundheitlichen Verhältnisprävention mit 50% der anfallenden Kosten gefördert.
Projektziele
Generelle Projektziele waren:
- Gesundheit, Leistungsfähigkeit und Zufriedenheit der Mitarbeiter im Sinne betrieblicher Verhältnisprävention sichern und verbessern,
- Patientenzufriedenheit und -sicherheit zu verbessern,
- dabei die durch das Abrechnungssystem vorgegebenen ökonomischen Rahmenbedingungen einzuhalten und ggf. zu verbessern, und
- das zu entwickelnde Konzept sollte geeignet sein, in angepasster Form auch in anderen Stationen / Abteilungen des Hauses umgesetzt zu werden.
Konkrete Ziele waren u. a. die Verbesserung
- des Belegungsmanagements,
- der Visitenorganisation,
- der Zusammenarbeit zwischen Abteilungen,
- der Reduktion häufiger Unterbrechungen bei Arbeitsverrichtungen,
- der Dienstplanung (insb. Arbeitszeitmodelle, Krankheitsvertretung, Pausen).
- der Fortbildungsorganisation,
- der Arbeitgeberattraktivität am Personalmarkt.
Vorgehen
Sowohl gesundheitliche Belastungen der Beschäftigten als auch Risiken in der Patientenversorgung sind der hochkomplexen Organisationsstruktur geschuldet. Sie wird durch Experten unterschiedlicher Fachdisziplinen mit unterschiedlichen Blickwinkeln geprägt.
Die Erfahrung zeigt, dass Optimierungen nur bei interdisziplinärer Beteiligung erfolgreich sind. Für den Projekterfolg müssen eingeübte Routinen der Handlungsbeteiligten verändert werden. Das wurde durch eine längerfristige Supervision über den Verlauf von 6 Monaten erreicht. Die Projektsteuerung wurde durch eine interdisziplinär zusammengesetzte Steuerungsgruppe verantwortet.
Als Grundlage für Maßnahmenplanung und Erfolgskontrolle wurde zunächst ein Kennzahlensatz generiert, der die wesentlichen Dimensionen des Stationsgeschehens wie medizinischer Outcome, Mitarbeitergesundheit und -zufriedenheit, Patientenzufriedenheit und ökonomisches Ergebnis abbildet. Diese Parameter wurden empirisch ermittelt.
Das erarbeitete Organisationskonzept orientierte sich insbesondere an folgenden Maximen:
- Gleichmäßige Vollauslastung der Abteilung / Station.
- Interdisziplinäre Verantwortungsübernahme für die Ablauforganisation.
- Belegungssteuerung durch Pull-Prinzip: Vakanzen steuern die Neuaufnahme.
- Einhalten der mittleren Verweildauer minus 10% für den ökonomischen Erfolg.
Interdisziplinär abgestimmte Dienstpläne bildeten die Voraussetzung für eine verbindliche, interdisziplinär Tagesstruktur an allen Wochentagen: Aufnahmen und Entlassungen, Visiten, Übergaben und die Zusammenarbeit mit externen Abteilungen.
Projektstruktur
Die Struktur des Organisationsentwicklungsprojektes erreichte einen guten Kompromiss zwischen breiter Mitarbeiterbeteiligung und effizientem Personaleinsatz. Dazu erfolgten Datenerhebung und -analyse sowie die Entwicklung von Konzeptentwürfen durch den externen Berater. Vorgelegte Entwürfe wurden dann von den beteiligten Mitarbeitern geprüft, gemeinsam mit dem Berater diskutiert und nach Überarbeitung von den entscheidungsbefugten Führungskräften interdisziplinär in Kraft gesetzt.
Alle wesentlichen organisatorischen Vereinbarungen wurden in Form eines Abteilungsstatuts verbindlich als Dienstanweisung festgeschrieben.
In der Umsetzungsphase erfolgte dann eine längerfristige und langsam ausschleichende Begleitung des Projektverlaufs durch den externen Berater zur Feinabstimmung und Habitualisierung des Konzeptes. Das wurde ergänzt durch Fortbildung und Supervision der operativ Leitungsverantwortlichen.
Der Projekterfolg wurde zum Projektabschluss erneut über einen Fragebogen evaluiert. Für die Evaluation wurden dazu standardisierte Erhebungsinstrumente auf die konkreten Fragestellungen hin angepasst.
Die Ergebnisse zeigten sich entgegen den primären Erwartungen als äußerst positiv. In fast allen Dimensionen der Erhebung konnten deutliche Verbesserungen von Mitarbeiterzufriedenheit und ihrer gesundheitlichen Verfassung festgestellt werden.