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10. Juli 2024

Vergütungsverhandlung in der Eingliederungshilfe

Die anstehenden Vergütungsverhandlungen in der Eingliederungshilfe erfordern ausführlicher Vorarbeiten und Neudefinitionen des Leistungsangebotes.

§ 1 Abs. 1 im revidierten SGB IX garantiert Menschen mit Behinderung die „volle, wirksame und gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gesellschaft“. Hieraus ergeben sich neue Anforderungen an die Leistungsanbieter:

  • konsequente Personenzentrierung,
  • ein plurales, nachfragegerechtes Angebotsportfolio,
  • ein Wahlrecht der Leistungsempfänger, und
  • der Nachweis der Wirksamkeit erbrachter Leistungen.

Das führt zu einer marktähnlichen Situation, in der sich der bisherige Nachfragemarkt in einen Angebotsmarkt wandelt. Geplante Leistungen müssen zum kalkulierten Preis erbracht werden. Fehlt dazu aber die Nachfrage, gibt es keine nachträgliche Möglichkeit, eine einmal getroffene Leistungsvereinbarung kurzfristig anzupassen.

Die Leistungs- und Vergütungsverhandlung läuft zukünftig in zwei voneinander unabhängigen Schritten:

Mit fachlich fundierten Fachkonzepten wird das Leistungsportfolio definiert und festgeschrieben.
Dann werden nur die im Fachkonzept begründeten Leistungen kostenbezogen verhandelt und mit marktüblichen Preisen vereinbart.

Weitergehende vorhandene Bedarfe der Leistungsempfänger werden nicht refinanziert. Damit wächst das unternehmerische Risiko für Leistungsanbieter erheblich. Und der Wettbewerb intensiviert sich, da für neue Anbieter zukünftig deutlich geringere Markteintrittsschwellen bestehen.

Leistungsplanung

Strategisch folgt daraus die Notwendigkeit einer präzisen Leistungsplanung und Leistungskalkulation. Fragen im Vorfeld sind unter anderem:

  • Welche Bedarfe werden Ihre Leistungsempfänger zukünftig haben?
  • Wie lassen sich diese Bedarfe fachlich und vom Ressourcenbedarf her beschreiben?
  • Wie können diese Leistungen finanziell kalkuliert werden?
  • Wie ist die Wirksamkeit der angebotenen Leistungen evaluierbar?

Obwohl die Standardisierung von Leistungen auf Grund der Personenzentrierung Grenzen hat, wird es notwendig sein, Leistungen zu Modulen zu clustern, um sie finanziell kalkulierbar zu machen.

Leistungskalkulation – Prozesskostenrechnung

Infolge des § 131 SGB IX sind zur Kalkulation folgende Schritte notwendig, was dem einer Prozesskostenrechnung entspricht:

  1. Bildung von Gruppen mit vergleichbarem Bedarf nach § 125 SGB IX Abs. 3 Satz 3
  2. Ermittlung und Zuordnung von Zeitwerten für die Leistungserbringung
  3. Ermittlung von Personalrichtwerten für die jeweiligen Leistungen einschl. der notwendigen Rüstzeiten
  4. Zuordnung und Abgrenzung von Kostenarten und Kostenbestandteilen
  5. Berechnung der Prozesskosten pro Leistungsmodul und damit Bepreisung der Leistung
  6. Überprüfung der Preise anhand üblicher Marktpreise im regionalen Umfeld

Auf dieser Basis können Preise ausgewiesen werden, die für den Leistungsanbieter wirtschaftlich und für den Leistungsträger marktgerecht sind. Das ergibt die Grundlage für eine erfolgreiche Vergütungsverhandlung. Dort wird man trotz fundierter Kalkulation um eine gewisse Basaratmosphäre in der Verhandlung nicht herumkommen.