• Empfehlungen zum Personalauswahlgespräch

Empfehlungen zum Personalauswahlgespräch

Zielsetzung der Personalauswahl

Zielsetzung eines Personalauswahlgesprächs ist, die Passung des Kompetenzprofils eines Bewerbers mit dem Anforderungsprofil der zu besetzenden Stelle zu vergleichen. Auf Basis der getroffenen Beurteilungen soll derjenige Beweber selektiert werden, dessen Kompetenzprofil die beste Passung zum Anforderungsprofil aufweist.

Zuverlässigkeit des Verfahrens

ZuverlaessigkeitVerfahrenPA_02Die methodische Zuverlässigkeit von offenen Personalauswahlgesprächen alleine ist sehr gering. Die prognostische Verlässlichkeit jedes einzelnen der üblicherweise angewendeten Verfahren liegt jeweils deutlich unterhalb der Zufallswahrscheinlichkeit, z. B. Nur die Kombination verschiedener methodischer Ansätze im Sinne eines multimodalen Auswahlverfahrens führt zu Ergebnissen, die oberhalb .50 (Zufallswahrscheinlichkeit) liegen.

Zuverlässigkeit des Einstellungsgesprächs

Der (unbewusst-implizite) Fokus eines offenen Gespräches liegt in der Regulation der sozialen Beziehung, nicht aber im Austausch sachlicher Informationen. Das führt zur Dominanz sozial erwünschter Fragen und Antworten.

  • Das Interview soll durch einen vorbereiteten Themenkatalog strukturiert werden.
  • Die Rollen des Interviewers und des Beobachters sollen getrennt wahrgenommen werden.

Vor diesem Hintergrund werden im offenen Personalauswahlgspräch überwiegend Einstellungen ausgetauscht. Diese haben keinerlei prognostische Aussagekraft und sind manipulierbar.

  • Ein strukturiertes Interview soll ermöglichen, Verhaltenstendenzen des Bewerbers zu beobachten und zu beurteilen. Dazu werden erfolgskritische Situationen der zukünftigen Tätigkeit angesprochen und der Bewerber gebeten, sein Vorgehen im Hinblick auf die angesprochene Aufgabe zu beschreiben.  In besonderem Maße eigenen sich hierfür Fallstudien. Die Autentizität des Verhaltens wird erhöht, wenn der Bewerber sich auf selbst erlebte Situationen bezieht.
  • Grundlage für die Auswahl erfolgskritischer Situationen bildet das Tätigkeitsprofil der zu besetzenden Stelle.

Taetigkeitsprofil_02

Zuverlässigkeit des Urteils

Das Urteil des Beobachters über beobachtete Verhaltenstendenzen unterliegt vielfältigen systematischen Verzerrungen, z. B. Erster – Letzter Eindruck, Übergewichtung negativer Informationen, Bestätigungstendenz, Sympathieeffekte, Überstrahlung (Halo), Projektion, Maßstabseffekte, u.s.w.

  • Je mehr voneinander unabhängige Beobachter das Urteil beeinflussen, desto höher ist die Wahrscheinlich, dass Verzerrungen nivelliert werden.
  • Die Güte des Urteils kann zusätzlich erhöht werden, wenn mehrere Beobachter die ihrem Urteil zu grunde liegenden Beobachtungen gemeinsam reflektieren und einen Konsens erarbeiten.

Untrainierte Beobachter neigen dazu, extern Beobachtetes und ihre subjektive Beurteilung des Wahrgenommenen nicht zu differenzieren.

  • Trainierte Beobachter schaffen signifikant zuverlässigere Beurteilungen als untrainierte.

Unstrukturierte Beurteilungen neigen zur Generalisierung von Sympathie- oder Überstrahlungseffekten (Bauchgefühl). Je mehr unabhängige Einzelbewertungen in das Urteil einfließen, desto größer ist seine Verlässlichkeit.

  • Das Anforderungsprofil soll über möglichst viele Einzelkriterien operationalisiert werden. Emfpfehlung: 25 bis 40 Kriterien. Jedes Kriterium wird nach dem Interview einzeln abgefragt und bewertet. Die Einzelergebnisse werden aufsummiert.

Inhalt, Struktur und Gewichtung des dem Urteil zugrunde liegenden Anforderungsprofils bildet den methodischen Rahmen für das Urteil. Ein Anforderungsprofil gründet immer in einem generellen Kompetenzmodell. Es gibt unterschiedliche Kompetenzmodelle, die unterschiedliche Dimensionen menschlichen Handelns akzentuieren.

  • Das Kompetenzmodell soll sowohl auf die Besonderheiten des Unternehmens (z. B. Unternehmenskultur) als auch auf die zentrale Handlungsebene der Stelle (z. B. strategische oder operative Führung, Beratung, Produktion) hin angepasst sein.

Das Vorgehen im Überblick

  1. Ermittlung des Tätigkeitsprofils der Stelle (Grundlage: z. B. Beobachtung, Selbstaufschreibung, QM-Prozessbeschreibung)
  2. Auswahl des Kompetenzmodells, b. B. inhaltliche Anpassung an Unternehmen und Stelle
  3. Definition und Gewichtung des Anforderungsprofils
  4. Auswertung der schriftlichen Bewerbungen mit Hilfe des definierten Anforderungsprofils
  5. Entwicklung des Themen- und Aufgabenkatalogs für das multimodale Interview (erfolgskritische Ereignisse)
  6. Auswahl und Training von Interviewern und Beobachtern
  7. Durchführung des Interviews
  8. Reflexion und Bewertung der beobachteten Verhaltenstendenzen durch die Beobachter (Entscheider)
  9. Erstellung einer Rangfolge der beurteilten Bewerber nach dem Grad der Passung von Anforderungs- und Kompetenzprofil

Weitere Hinweise

  • Für Stellen, die häufig besetzt werden müssen, ist die Entwicklung von Standardanforderungsprofilen sinnvoll.
  • Das Vorgehen sollte für das gesamte Unternehmen standardisiert werden.
  • Personen im Unternehmen, die häufig mit Einstellungsentscheidungen befasst sind, sollten in der Methodik theoretisch und praktisch geschult werden. (z. B. im Rahmen eines zweitägigen Einführungstrainings, in dessen Rahmen auch Standards für das Unternehmen gebildet werden können.)